Wasty's Gruselkabinett 1

Die Grillparty

Soeben hatte mein Nachbar Paul Evans angerufen. Er wollte heute zu mir kommen, um in meinem Swimming Pool zu baden. Ich stimmte nur sehr ungern zu, aber ich wollte ihn schliesslich nicht kränken, denn er war ja so empfindlich. Sein Auftreten und sein Benehmen sagten mir einfach nicht zu. Obwohl er sich die grösste Mühe gab, um Anschluss zu finden, war er sehr zurückhaltend. Er wollte es immer allen recht machen und entschuldigte sich wegen jeder Kleinlichkeit. Man konnte in ihm keinen richtigen Mann erkennen, auch wenn er schon einunddreissig Jahre alt war. Ich führte das auf darauf zurück, dass er als Kind verhätschelt und verwöhnt wurde. Ein solcher Weichling würde heute zu mir kommen, meine Zeit beanspruchen und meine Sachen benützen. Mir wird schon irgend etwas einfallen um ihn loszuwerden. Ich hatte inzwischen meine Badehose angezogen und die Liegestühle hinausgeschafft. Limonade und Bier lagen auf einem Gartentischchen bereit. Ich fragte mich, warum ich so fleissig alles vorbereitet hatte. All dieser Aufwand nur für Evans.
Da klingelte es. Ich ging zur Türe und spähte durchs Guckloch. Paul stand vor der Tür, fein herausgeputzt und mit einer modernen Sporttasche in der Hand. Darauf war er wohl besonders stolz. Ich holte nochmals tief Luft ein. Gleich würde mich eine ekelhafte Piepsstimme mit einem aufgemunterte "Hallo" und "wie geht es Dir?" begrüssen. Ich muss ihm dann seinen selbstausgesuchten, rotgrün karierten Mantel abnehmen und...
Es klingelte ein zweites Mal. Ich öffnete. Geduldig wartete er bis die Tür ganz auf war und trat dann freundlich lächelnd ein. Ich fasste mich kurz. "Dort hinten kannst Du Dich umziehen" war alles, was ich über die Lippen brachte. Ich ging in den Garten und genoss noch einige ruhige Sekunden, dann tappte auch Paul in der Garten. Er trug eine dunkle Sonnenbrille, die seine blauen Augen vor den Sonnenstrahlen schützte. Deutlich hob sie sich von den strohblonden Haaren ab. Sein Babygesicht sass auf einem dünnen Hals. Es juckte mich in den Fingern. Sein Bademantel hing schlaff an seinem knochigen, muskellosen Körper. Er zog in bedächtig aus, setzte sich an den Rand des Schwimmbeckens und liess die Füsse ins Wasser baumeln. Gleich würde er sich umdrehen und mit kindlichem Übereifer und Begeisterung mir zu quietschen, wie schön klar und angenehm diese Wasser sei. Ob ich mit ihm schwimmen komme und dass es so schön ist. Er sollte einem eigentlich leid tun. Er ist schon glücklich, wenn man sich nur mit ihm beschäftigt. Aber er verärgerte mich mehr als dass er mir leid täte.

Ich sah die schwachen, herabhängenden Schultern und die spindeldürren Arme, die ungelenk nach unten hingen. Wir würde es mir Vergnügen bereiten, sein knöchernes Ärmlein zwischen den Fingern zu spüren, um es dann langsam auszurenken und zu zerquetschen. Welch ein Genuss wäre es, seine entdeckungsfreudigen Augen mit den Fingern auszustechen. Welche Freude würde es bereiten, seinen schlanken Hals zu umklammern, dann die Person in die Luft zu heben und ihr den Kopf abzudrücken. Ich fand das nicht mal so unmöglich und könnte es sicher auch ausführen. Es würde nicht auffallen. Vermissen würde ihn keiner.

Ich legte mich in den Liegestuhl zurück, nahm einen Schluck Bier und träumte vor mich hin. Ich fühlte mich allein uns es war mir langweilig. Irgend etwas störte mich, so dass ich nicht ruhig liegen konnte. Ich stand auf und Schritt zum Swimming Pool. Hastig drehte sich Paul um und schaute mich mit erwartungsvollen Augen an. Ich schlug ihm die Hand auf die Schulter und er zuckte leicht.
"Hallo, wie geht's?". Er wunderte sich über meine sinnlose Frage und wollte mich mit seiner Unschuldsmiene anlächeln. Ich packte seinen Arm und drehte ihn auf den Rücken, wie es früher bei meine Schulkameraden oft gemacht hatte. Meist aber, um mich selbst zu verteidigen. Mit der zweiten Hand packte ich seine Gurgel. Er war völlig überrumpelt und war wie gelähmt. Seine erste Reaktion waren Schweisstropfen, dann rang er nach Luft. Da wurde seine Situation erst recht klar. Ich hatte Mühe, ihn weiter zu würgen, weil er zappelte, kratzte und biss. Mir war klar, dass er nicht mehr lange leben sollte und ihm war klar, dass er sterben sollte. Er wehrte sich dementsprechend. Ein Tritt traf mein Schienbein und sein Fingernagel streifte über eine Narbe am Arm. In mir wurden Erinnerungen wach und ungeheure Wut kam in mir auf. Ich schleuderte seine Brille fort, die bisher sein wahres Gesicht verhüllte. Ein Gesicht voller Angst. Ich war der Grund seiner Angst und das freute mich.
Mit dem Zeige- und Mittelfinger stach ich zu. Die Finger staken in seinen Kopf und ich zog sie heraus. Ich spürte eine warme, glitschige Masse an meinen Fingern. Langsam schlichen seine zerdrückten Augen an meiner Hand herab. Paul Evans schrie und tobte. Er sah grauenvoll aus. Dort wo einmal seine Augen lagen, quoll Blut in zwei grossen Strömen heraus, begleitet von schmierigem Schleim. Über dem schreienden Mund kam es zu einem dicken Strom zusammen und floss in den geöffneten Rachen. Er schluckte und hustete. Ich tauchte ihn ins Wasser. Es färbte sich wie die Erdbeerlimonade auf dem Tisch. Er schlug wild um sich und Luftblasen stiegen hoch. Endlich amtete er ein, dann bewegte er sich nicht mehr.

Schwer hing er an meiner Hand. Ich schleifte ihn in die Küche. Danach verspürte ich Durst. Genüsslich schlürfte ich die Erdbeerlimonade auf dem Tischchen. Ich schaute auf den Küchentisch. Dort lag auf weisse Tücher gebettet, friedlich schlummernd, die Leiche.
Angenehme Ruhe war in mein Haus gekehrt. Aber das teure Chlorwasser war dahin. Ich liess es ablaufen. Ich räumte im Garten auf. Ein friedlicher Anblick, dachte ich danach. Aber einwenig langweilig. Es geschah so nichts spannendes in letzter Zeit. Doch ich wollte für Unterhaltung sorgen und eine Grillparty schien mir geeignet.

Ich entnahm der Küchenschublade ein Fleischmesser und begann mit der Arbeit für die Party. Da klingelte es an der Tür. Mit dem Messer in der Hand öffnete ich ohne durchs Guckloch zu schauen. Es war der Briefträger mit einer Express-Sendung. Er sah das blutige Messer; ich sah wie er es anstarrte. Es war mir schon etwas peinlich. Ich dachte an die Party und die Spezialität, die ich zu servieren gedenke. Sie würde mir sicher Komplimente einbringen. Vor Freude stach ich zu. Er kippte mir in die Arme. Auch ihn schaffte ich in die Küche. Nach zwei Stunden rief ich einige Freunde an und lud sie zu dieser Party ein. Für Essen und Trinken sei gesorgt. Sie sagten zu. Ich baute den Grill unter der gemütlichen Gartenlaube auf und steckte die Holzkohle in Brand. Ich entnahm der Tiefkühltruhe das Essen.

Ich legte magere Fleischstücke auf den Grill. Sie müssen gut durchgebraten sein. Es war genügend Fleisch für meine Gäste vorhanden. Pommes-Chips und Salate zierten den Tisch genau so wie Mineralwasser, Champagner und ein neuer Rotwein. Verhungern oder verdursten wird also niemand müssen.

Um 19:30 Uhr trudelten die Gäste ein. Als sie eintraten begrüsste ich sie freundlich: "Hallo! Wie geht es euch?" Es waren sogar noch einige mehr als erwartet gekommen. Aber es ist genug für alle da. "Setzt euch, das Essen ist gleich fertig. Es ist eine Spezialität von mir! Ihr seit die ersten, die sie probieren".
Wir gröhlten und waren ausgelassen. Die Stimmung war prima. Man erzählte die neuesten Witze und Geschichten. Ich wusste leider keine zu erzählen. Alle waren schon leicht angeheitert.

Im Laufe des Abends stellte ich zwei Abfallsäcke für die Müllabfuhr vors Gartentor, denn in der Küche verbreiteten sie nur einen unangenehmen Duft. Beim Tragen drückte es den Inhalt an die Plastikwände. Durch die Hülle schimmerten blutgetränkte Tücher und blanke Knochen. Ich ging in die Küche zurück und reinigte die Küche noch einwenig. Dabei betrachtete ich die Haare am Boden und mein Blick schweifte automatisch zu der knochenweissen Schüssel. Feine, saftige Früchte lagen darin. Ich verstaute den Rasierapparat, den ich zur Bearbeitung des Kopfes brauchte. Dann hörte ich Stimmen draussen. Ich ging hinaus. Alle schienen hungrig aufs Essen zu warten und ich machte mich daran, es zu servieren.

Dem Grill entstieg ein Duft von Paprika, Pfeffer und von einer Fleischsorte, die es in keinem Metzgerladen zu kaufen gibt.

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Neuauflage, Copyright © Juli 1980, Wasty, Die Grillparty
Originaltitel: The grillparty
128 Linien
Vorlesezeit: ca. 9 Min.

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Last updated February 12, 2001 by Martin Mathis, e-mail lastbandit.com

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